Zeitmanagement für Ärzte – Einfache Tipps für die Stationsorganisation

Kennst du es, wenn du dich gerade hingesetzt hast, um einen Brief zu schreiben und alle 5 Minuten dein Telefon klingelt

Außerdem kommt ständig jemand zur Tür rein und möchte etwas von dir. Im Wartebereich sitzen Angehörige, die seit Stunden auf ein Gespräch warten. 

Und eigentlich hast du auch am anderen Ende des Hauses im Funktionsbereich noch was zu erledigen.

Im Studium ging es nie um Zeitmanagement für Ärzte oder Stationsorganisation, aber irgendwie bräuchtest du das jetzt.

Du hangelst dich von Problem zu Problem und nach zwei Stunden ist der Brief immer noch nicht begonnen.

Wie schnell wärst du fertig, wenn dein Telefon vergessen im Spind läge und du dich zum Arbeiten an einen verlassenen Computer im Keller setzen könntest?

Wenn du deinen Job auch in Jahren noch zufrieden und gesund machen willst, dann bist du hier genau richtig, denn Stationsorganisation ist kein Hexenwerk! (Außerdem hilft es, wenn du eine Arbeitsstelle vermeiden kannst, in der sowieso keiner strukturiert arbeiten kann. Dabei hilft dir meine Checkliste Hospitation.)

Es geht um deine Aufmerksamkeit

Es besteht ein ständiger Kampf um deine Aufmerksamkeit. Du hast einen Plan, den du durchziehen möchtest. Aber alle anderen wollen entweder Entscheidungen oder Informationen von dir.

Jedes Mal, wenn ein solcher Bedarf von außen kommt, wird deine Aufmerksamkeit gebrochen. Das ist ein Nebeneffekt, keiner will dich absichtlich nerven.

Sorge dafür, dass der Bedarf automatisch gedeckt wird und befreie dadurch deine Aufmerksamkeit!

Je nach Fachrichtung und Arbeitsumgebung gibt es natürlich Unterschiede.

Der Anästhesist im OP hat einen klaren Tagesplan und wenig Abweichungen. Seine Entscheidungen sind meist auf den aktuellen Patienten beschränkt. Fast die gesamte Bandbreite seiner Aufmerksamkeit steht ihm zur Verfügung.

Im Gegensatz dazu steht die Stationsarbeit in den konservativen Fachrichtungen. Der Alltag ist minimal strukturiert, es gibt vielleicht einige feste Termine wie die Frühbesprechung oder die Onkokonferenz.

Manchmal willst du auch noch in den Funktionsbereich, da es ja auch nett wäre, mal ein bisschen was Praktisches zu lernen.

Ohne einen Plan für den Tag versinkst du im Chaos und musst am Ende Überstunden machen.

Am Ende des Tages hast du zwar alle Brände gelöscht, aber das Gefühl gehetzt zu werden bleibt. Und morgen geht es genauso weiter.

Mir hat es irgendwann gereicht und ich habe angefangen, gezielt nach Lösungen für die Stationsorganisation zu suchen und diese zu testen.

Warum sollte man sich Zeitmanagement widmen?

  • Jede gesparte Minute addiert sich über das Jahr zu einer riesigen Summe. Eine Viertelstunde fühlt sich vielleicht heute nicht nach viel an, insbesondere wenn man sowieso immer Stunden länger bleibt.
    Aber im Jahr kommst du dadurch auf 55 Stunden (= 222 Arbeitstage x 15 Minuten). Du bekommst eine ganze Arbeitswoche geschenkt, wenn du einen einzigen kleinen Zeitfresser herausfinden und konsequent abschalten kannst.
  • Du kannst Patienten besser versorgen. Dein Gehirn ist frischer und du hast auch mal Zeit, über ein schwieriges Problem nachzudenken.
  • Dein Gefühl ändert sich, wenn du deinen Arbeitsalltag im Griff hast. Selbst anstrengende Tage mit vielen Unterbrechungen klauen nicht mehr so viel Energie.
  • Alle um dich herum arbeiten gerne mit dir, da du Absprachen einhalten kannst und vorhersehbar handelst.
  • Gutes Selbstmanagement wird von allen Arbeitgebern gefordert und verschafft dir einen Vorteil auf dem Arbeitsmarkt

Die Lösung ist einfach, eine Schritt-für-Schritt-Anleitung folgt weiter unten.

Was bedeutet Zeitmanagement für Ärzte?

Die meisten Systeme zur Zeitplanung funktionieren gut (z.B. die Eisenhower-Methode). Und das, was du jetzt schon tust, würde auch funktionieren, wenn man dich in Ruhe ließe!

Am Ende eines ruhigen Tages hast du einen großen Teil oder alle deiner Aufgaben geschafft.

Aber wie viele Tage sind ruhig? In der Realität musst du dich erstmal von Ballast befreien, um überhaupt irgendeinen Zeitplan umsetzen zu können. Dazu gehört zum Beispiel auch, Arztbriefe schreiben fest einzuplanen und nie (oder nur selten) unter Druck zu schreiben!

Die vielleicht beste Beschreibung für die Lösung stammt von Stefan Merath:

"Zeitmanagement ist Zugangsmanagement." [note]Stefan Merath - Der Weg zum erfolgreichen Unternehmer bei Amazon ansehen - zu meiner Rezension geht es hier[/note]

Was bedeutet das? Die Idee ist nicht neu und am einfachsten wäre es natürlich, wenn keiner deine Telefonnummer hätte und vor der Tür eine Sekretärin (oder ein Sekretär) säße, die alle Anfragen filtert und nur das Wichtige zu dir durchlässt.

Damit wäre Abgrenzung quasi in deinen Alltag eingebaut.

Da das als angestellter Arzt etwas unrealistisch ist, musst du kreativ werden.

Schritt-für-Schritt-Plan, um dir erstmal etwas Luft zu verschaffen

  1. Finde heraus, welche Ereignisse deine Aufmerksamkeit häufig beanspruchen
  2. Schätze jeweils, wie viel Zeit pro Tag verloren geht und ...
  3. ... wie leicht das Problem zu lösen wäre
  4. Beginne damit, dich von einem einzigen Problem zu befreien und höre nicht auf, bis du es geschafft hast!

Von welchen Ereignissen spreche ich überhaupt? Meist sind sie immer wiederkehrend und unterscheiden sich kaum. Es sind Entscheidungen oder der Wunsch nach Information. (weitere 7 Zeitfresser, die du leicht beseitigen kannst, findest du hier)

Entscheidungen ergeben sich meist aus der Patientenbetreuung und werden vom Pflegeteam angefragt.

Beispiel: "Der Patient XY hat Schmerzen."
Oft sind Schmerzen chronisch und den Patienten seit Jahren bekannt, im Krankenhaus wurde aber vergessen die Bedarfsmedikation anzusetzen. Mach das sofort, am besten schon zu Beginn des Aufenthaltes, bevor du deswegen extra kontaktiert wirst.

Neu aufgetretene Schmerzen solltest du in Verbindung zur Aufnahmediagnose bringen. Ein Patient mit Durchfall darf Bauchschmerzen haben, starke Brustschmerzen erfordern natürlich sofortige Nachforschung.

Hier lohnt es sich immer einige Nachfragen zu stellen, bevor du alles fallen lässt und zum Patienten rennst. Das Team solltest du darauf trainieren, bei Schmerzen direkt selbst einige Fragen zu stellen und nicht sofort Alarm auszulösen. 

Je erfahrener das Teammitglied, desto eher wird es diese Fragen schon von selbst gestellt haben.

Insbesondere wichtig sind die Unterscheidung chronisch und akut sowie die Erklärung des Patienten selbst, was es sein könnte.

Der Wunsch nach Informationen kommt vom Patienten, von seinen Angehörigen oder vom zuständigen Oberarzt

Beispiel: Angehörigengespräche

Die schlimmsten Zeitkiller sind ungeplante Angehörigengespräche. Sei es per Telefon oder in Person, hier wirst du mehrmals täglich und für längere Zeit unterbrochen.

Den ersten Kontakt solltest du daher selbst offensiv suchen und darin gleich die Richtlinien für weitere Gespräche festlegen.

Beispiel: 

"Ihrem Vater geht es nicht so gut, daher haben wir heute folgende Untersuchung geplant. Wir können gerne heute Mittag um 15 Uhr über die Ergebnisse sprechen. Ansonsten können Sie gerne morgen früh zur Visite da sein, die von 8 bis 10 stattfindet oder jeden Mittag von 14.00 bis 15.30. Es kann sein, dass Sie dann warten müssen."

Es helfen nur feste Zeiten für Gespräche, hinter denen das ganze Team steht und an die man sich selbst eisern hält.

Insbesondere der erste Kontakt wird dir sonst aufgezwungen und das meist zu einer Zeit, die dir gerade nicht passt.

Telefonische Anfragen sollten nie direkt zu dir weitergeleitet werden, sondern notiert, sodass du sie hintereinander abarbeiten kannst.

Ein kleines Telefonskript könnte wie folgt aussehen:

Anruf Angehörige ->

"Hat der Doktor versucht Sie zu erreichen?"
Ja: Rücksprache und ggf. Durchstellen.
Nein: "Wann kann der Doktor Sie erreichen und unter welcher Nummer? Ansonsten gibt es folgende Sprechzeiten oder Sie kommen morgen zur Visite."

-> Nummer und Zeit aufschreiben und weiterreichen.

Suche selbst den ersten Kontakt!

Der erste Kontakt ist der Wichtigste, da die große Sorge auch große Dringlichkeit erzeugt. Wenn du diesen Kontakt frühestmöglich selbst suchst, können alle weiteren Kontakte dann zu deinen Bedingungen erfolgen.

Es ist klar, dass es immer Extreme geben wird. Einerseits Angehörige, denen sowieso alles egal ist oder wenn es gar keine Angehörigen gibt.

Der andere Fall sind die, die jeden Tag und zu jeder Zeit Informationen brauchen. Hier musst du gegebenenfalls etwas mehr Flexibilität ermöglichen.

Aber auch hier zahlt sich offensive Kommunikation oft aus, da du zwar öfter Kontakt hast, aber dann, wenn es dir passt. Vom Zeitaufwand gleichen sich die Extreme meist aus, sodass es sich lohnt, einen guten Plan für die große Masse zu haben.

Wie kannst du starten?

Fange am besten jetzt gleich an, diese Ideen umzusetzen, um dann bei nächster Gelegenheit Nutzen daraus zu ziehen.

Schau dir nochmal den Schritt-für-Schritt-Plan an und schnapp dir dann ein Blatt Papier. Schreibe auf, wann du von wem unterbrochen wirst und überlege, wie sich das vermeiden ließe.

Nicht alle um dich herum werden begeistert sein, wenn du anfängst Manager deiner Arbeitskraft zu werden und nicht mehr allen anderen erlaubst, deine To-Do-Liste zu füllen! Du bist als ständige Ansprechpartnerin und Feuerwehrfrau eine gerne gesehene Kollegin und Stationsärztin.

Aber Franz Josef Strauß lag schon ganz richtig, als er sagte:

Everybody's darling is everybody's Depp.

Ein gutes Verhältnis zu allen Beteiligten erleichtert es dir natürlich, neue Ideen und Arbeitsweisen durchzusetzen und vielleicht musst du auch daran arbeiten, überzeugender zu werden.

Manchmal muss man auch eine harte Kante zeigen. (Wenn dir solche Konflikte teilweise nachhängen, dann lies meinen Artikel über den Denkfehler, der dich nachtragend sein lässt und was du dagegen tun kannst)

Viel Erfolg!

Es würde mir sehr helfen, wenn du diesen Artikel auf Facebook teilst. (Oder auch gerne woanders!)


Klick dazu einfach auf den Button unten.


Danke!

Verpasse keinen Artikel und erhalte mein Ebook
"Einfach Besser Delegieren"!

>