Selbstbestimmt durch den Klinikdschungel – Die zwei Rollen, die du täglich einnimmst

Stell dir vor, du bist Teil einer Expedition und ihr hackt euch gerade durch einen dichten Dschungel. Deine Haut klebrig, um dich herum surren Mücken. Vor dir nur Grün und das Grün ist im Weg.

Dein Leben ist anstrengend, aber auch einfach. Dein Treiber gibt die Richtung vor und du musst nur hacken.

Oh, und er achtet darauf, dass du nicht mehr als vierzehn Stunden arbeitest. Außerdem darfst du ab und zu etwas trinken.

Aber irgendetwas stimmt nicht, das weißt du genau. Nur leider ist zwischen Arbeit und Schlaf nie genug Zeit, in Ruhe darüber nachzudenken.

Eine gespaltene Persönlichkeit

Es gibt im Unternehmen Krankenhaus (und in allen anderen Unternehmen) verschiedene Rollen, die du einnehmen kannst.

Nach Stefan Merath (der das Konzept von Michael Gerber hat), sind das Fachkraft, Manager und Unternehmer.

Je nachdem welche Rolle du gerade innehast, solltest du deinen Fokus auf unterschiedliche Aufgabenbereiche legen.

In den meisten Unternehmen ist es völlig klar, was deine Rolle ist.

Als Kassierer oder Kellner bist du Fachkraft, als Marktleiter oder Oberkellner bist du Manager. (Den Unternehmer klammern wir aus, da er für unsere Betrachtung keine Rolle spielt.)

Das Problem ist nur, dass du als Arzt im Krankenhaus ständig zwischen den beiden Rollen hin- und herwechseln musst, und dir dieser Wechsel oft gar nicht bewusst ist.

Das raubt dir Zeit, da je nach Tag und Situation unterschiedliches von dir gefordert wird. Musst du gerade deine oder fremde Arbeitskraft auf verschiedene Aufgaben verteilen oder musst du einfach etwas abarbeiten?

Keiner wird dir sagen, welche Rolle du gerade einnehmen sollst! Und wenn es doch getan wird, dann oft nicht zu deinem Nutzen.

Du bist Fachkraft und Manager und musst ständig selbst entscheiden, wie du deine Zeit unter diesen Rollen aufteilst.

Vom Dschungel ins Krankenhaus

Nun also nochmal in den Dschungel und wie jeder in der Expedition seine Rolle findet.

Als Fachkraft schwingst du die Machete und weißt genau, wie du verschiedene Arten von Pflanzen wegzuhacken hast. Vor dir ist nur Grün und das Grün muss weg.

Als Manager stehst du hinter den Fachkräften und schaust, ob der Weg zu breit oder zu schmal ist. Du wechselst müde Fachkräfte aus, und überprüfst, warum jemand langsamer ist, als alle anderen. Z.b. weil seine Machete nicht mehr scharf genug ist.

Der Unternehmer sitzt auf einem hohen Baum und schaut in die Ferne. Seine Aufgabe ist es, zu sagen „Hey Leute, wir bewegen uns in die falsche Richtung.”

Auch im Krankenhaus gibt es viele klare Fachkräfte. Dazu gehört unter anderem die Pflege, die Reinigung, die Transporteure und viele andere.

Kurzum jeder, der hauptsächlich ein Ziel vorgegeben bekommt, und dieses dann (mehr oder weniger) selbstständig erledigt.

Eindeutige Manager gibt es auch, z.B. die Pflegedienstleitung (wenn sie nicht selbst mitarbeitet), der kaufmännische Leiter oder dein Chef (wenn er kaum noch ärztlich tätig ist).

Also jeder, der hauptsächlich anderen vorgibt, was sie zu tun haben.

Wer bin ich denn eigentlich?

Wo aber fügen sich die Ärzte ein?

Du hast Arbeit am Patienten zu leisten, wie Visite, Aufklärungen und Interventionen.

Außerdem bekommst du oft gezielt Aufgaben von deinen Vorgesetzten zugeteilt.

Das sind wohl Aufgaben einer Fachkraft.

Du musst aber auch Arbeit an andere verteilen, also an die Pflegekräfte, an andere Ärzte in Form von Konsilen und an viele andere reine Fachkräfte.

Das wäre dann eine Manager-Tätigkeit.

Und du musst dir auch selbst Aufgaben zuteilen und festlegen, wann und wie diese Arbeit zu erledigen ist.

Du gibst dir sozusagen als Manager diverse Aufgaben auf, die du dann später als Fachkraft selbst erledigen musst.

In dieser Doppelrolle liegt das Potenzial, dir den ganzen Tag zu vermiesen!

Bist du dir nicht im Klaren darüber, dass du deine Zeit für beide Rollen wohlüberlegt aufteilen musst, dann gewinnt meist die der Fachkraft.

Denn da hast du diverse klar definierte Aufgaben zu lösen und gehst sie mit Enthusiasmus an.

5 Briefe, 3 Blutentnahmen, 2 Aufklärungen, los geht’s!

Und deine Umgebung wird das verzückt aufnehmen und dir noch mehr zu tun geben.

“Hey, der hackt ja doppelt so schnell, wie alle anderen. Super!“

Irgendetwas bleibt immer liegen

Ich hing zu Beginn oft zu sehr im Denken der Fachkraft fest und das führte dazu, dass ich zwar ununterbrochen Vollgas gegeben habe, aber am Ende des Tages trotzdem wichtige Arbeit nicht erledigt war.

Das liegt daran, dass es fast immer mehr zu tun gibt, als du an einem Tag schaffen kannst.

Es ist nur die Frage, welche Aufgaben am Ende unbearbeitet bleiben. Und das solltest du alleine entscheiden (oder explizit deinen Vorgesetzten entscheiden lassen)!

Es geht nicht, eine reine Managerrolle einzunehmen und das entspricht auch nicht deinem Jobprofil.

Du kannst nicht nur planen und delegieren, denn irgendwann wirst du doch zwingend selbst etwas erledigen müssen, da es sonst keiner macht (oder machen kann).

Und außerdem wirst du auch dafür bezahlt, diese Arbeit zu erledigen. (vom Lernen und Ausbildung will ich gar nicht anfangen)

Effektive Arbeit im Krankenhaus bedeutet also, flexibel zwischen diesen Rollen wechseln zu können.

Rollenspiele machen Spaß

Du musst also der Manager deiner Arbeitskraft werden, sonst managen dich alle anderen.

Das heißt, dass keiner Zugriff auf deine Arbeitskraft bekommen darf, ohne vorher mit dir als „Manager” geredet zu haben!

Und als Manager würdest du vielleicht auch öfter mal sagen:

“Ja, das kann ich machen, aber dafür müsste ich dann XY liegen lassen.”

oder

“Hm, ich bin jetzt noch 90 min mit YZ beschäftigt, ich könnte es danach erledigen, aber dann müsste ich länger bleiben.”

Oft wirst du Aufgaben von „oben” erledigen müssen, aber bitte nie nur als Machetenschwinger!

Sonst läufst du Gefahr, mit stumpfem Gerät und total übermüdet gegen die grüne Wand anzurennen, bis du zusammenbrichst.

Musse frage Chef

Aber wie kannst du nun die eigene Arbeitskraft verteidigen?

  1. Abwehren: die beste Variante, denn Arbeit, die du nicht machen musst, muss auch nicht eingeplant oder optimiert werden

  2. Delegieren/Umleiten: sofort an andere weitergeben oder, noch besser, direkt an jemand anderen verweisen

  3. Sammeln lassen: um Unterbrechungen zu minimieren und zumindest selbst zu entscheiden, wann du dich damit beschäftigst

  4. Den anderen entscheiden lassen, welche Aufgabe du dafür fallen lässt (eher im Umgang mit Vorgesetzten)

  5. Zustimmen, aber in deinen Puffer schieben (immer nur “sofort” kann es nicht geben)

Beginne deinen Tag daher immer als Manager und entscheide, was heute die wichtigsten und dringlichsten Aufgaben sind. (wie das geht, liest du hier)

Erledige sie so früh wie möglich und verteidige dein Zeitmanagement bis aufs letzte, damit du genug Puffer hast für Unerwartetes, was unweigerlich kommen wird.

Fülle den Puffer mit den Aufgaben, die du nicht loswerden konntest.

Es ist mir klar, dass nicht alle Optionen schon zu Beginn der beruflichen Laufbahn möglich sind.

Aber es ist wichtig, diese Optionen zu kennen, und immer wieder die Umsetzung zu üben, denn wir wollen ja nicht der schnellste und ausdauerndste Machentenschwinger sein, sondern irgendwie lebend ans andere Ende des Dschungels kommen.

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